2020 – ein aufregendes und forderndes Jahr

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10.11.2020
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Das Jahr 2020 hat auch die Sportwelt in ihren Grundfesten erschüttert. Bisher Selbstverständliches war wegen der Corona-Pandemie plötzlich nicht mehr möglich. Der Spiel- und Trainingsbetrieb musste schlagartig unterbrochen, Großveranstaltungen mussten abgesagt werden, die Vereine standen und stehen vor schwierigen Herausforderungen. Gespräch mit dem Präsidenten des Tiroler Handballverbandes, Thomas Czermin, über die Auswirkungen der Pandemie auf den Handballsport, die Sportausübung in Zeiten der Pandemie und die erforderlichen Hilfen für die Vereine. Wie hat der Tiroler Handballverband reagiert, als sich die Gefährlichkeit des Corona-Virus immer mehr manifestierte? CzermIn: „Wir haben bereits Ende Februar, also noch bevor der Lockdown verordnet wurde, die Jugendmeisterschaften gestoppt und die Vereine aufgefordert, den Trainingsbetrieb mit den Kindern und Jugendlichen einzustellen. Am 12.3. haben wir auch die Spiele in den Landesligen ausgesetzt. Für uns ist immer der Schutz der Gesundheit an erster Stelle gestanden. Am 1. April haben wir uns dann letztendlich entschlossen, die Meisterschaften 2019/20 abzubrechen“. Dann gibt es keine Tiroler Meister 2019/20? Czermin: „Doch. Da die Meisterschaften zum Zeitpunkt des Abbruchs schon weit fortgeschritten waren, wurde den Mannschaften, die laut Tabellenstand nicht mehr eingeholt werden konnten, der Meistertitel zuerkannt. In jenen Bewerben, in denen zwei oder mehr Mannschaften die theoretische Chance auf den Meistertitel hatten, wurde der Meister im Herbst in Finalrunden ermittelt“. Wie haben die Tiroler Vertreter in den überregionalen Bewerben abgeschnitten? Wurden auch diese Bewerbe gestoppt? Czermin: „Ja, sowohl die spusu Liga, als auch die italienische Serie A2 wurden abgebrochen. Das Coronavirus stoppte die erfolgreichste Saison von Handball Tirol. Sparkasse Schwaz Handball Tirol hatte in der Saison 2019/20 erstmals seit Bestehen des Kooperationsvereins den Sprung in die Bonusrunde der höchsten österreichischen Spielklasse (spusu Liga) geschafft. Alles war angerichtet für ein spannendes Meisterschaftsfinale, die Truppe von Trainer Frank Bergemann hätte das Zeug gehabt, auch im Playoff erfolgreich aufzutreten. Ähnlich die Situation für den Ausbildungsverein von Handball Tirol, medalp Innsbruck Handball Tirol. Die Innsbrucker hatten die italienische Serie A2 bis zum Abbruch beherrscht. Dass die FIGH anhand der Quotenregel die Innsbrucker dann zum Meister 2019/20 in der Serie A2 kürte, belohnte den Innsbrucker Verein für sein engagiertes Auftreten in der zweithöchsten italienischen Liga“. Auch die U20 Europameisterschaft, die im Juli in Innsbruck und Brixen ausgetragen werden sollte, wurde abgesagt. Czermin: „Die ursprünglich von 2. bis 12. Juli in Innsbruck und Brixen (ITA) angesetzte Men´s 20 EHF EURO 2020 wurde von der Europäischen Handballföderation (EHF) wegen der Corona-Pandemie zunächst auf den 6. bis 16. Jänner 2021 verlegt. Die EHF war nicht gewillt, die von Innsbruck und Brixen für den Fall einer Corona-bedingten Absage der auf Jänner 2021 verschobenen U20-EURO geforderte Haftungszusage zu geben. Stattdessen wurde die EURO kommentarlos an Kroatien – Austragungsort: Porec – vergeben. Dieses Vorgehen wundert mich nicht, agieren die Kontinentalverbände doch allesamt unter dem Motto: Wir bestimmen, aber die Kosten und das gesamte Risiko haben die Veranstalter zu tragen. Und ein finanzielles Risiko wollten und konnten wir nicht eingehen. Dass die an Porec vergebene U20 EM von der EHF kürzlich wegen Corona abgesagt wurde, bestätigt unser Beharren auf der Zusage der Haftungsübernahme durch die EHF, wären wir in diesem Fall doch mit Stornogebühren in sechsstelliger Höhe konfrontiert gewesen“. Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf die Jugendarbeit aus? Czermin: „Der Lockdown im Frühjahr und im November hat unsere Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen sehr beeinträchtigt. Obwohl die Vereine alles unternommen haben, die Kinder bei der „Stange“ zu halten, wird es nicht zu verhindern sein, dass zahlreiche Jugendliche dem Sport verloren gehen. Auch wird den Vereinen der Zugang zu den Schulen erschwert und so die Nachwuchsgewinnung nachhaltig gefährdet. Aus meiner Sicht war es, vor allem im 2. Lockdown, weder sinnvoll noch erforderlich, den Vereinssport herunterzufahren und so den Kindern und Jugend- lichen die Sportausübung zu untersagen. Von der Politik nicht berücksichtigt wurde, dass es im Jugendsport so gut wie keine Cluster gab und wir mit unseren ausgereiften Präventionskonzepten und der hohen Disziplin der Hand- ballerInnen und BetreuerInnen bewiesen haben, dass wir verantwortungsbewusst mit der schwierigen Situation umgehen können“. Was hat der THV unternommen, um seine Vereine zu unterstützen? Czermin: „Damit den Vereinen die Fortsetzung des Trainings- und Spielbetriebs ermöglicht wird, wurden von uns, in Zusammenarbeit mit den Vereinen, Präventionskonzepte erarbeitet und eine Schulung für Präventionsbeauftragte durchgeführt. Unser vordringliches Bestreben war, den Vereinen und den HandballerInnen mehr Sicherheit bei der Sportausübung zu geben und berechtigte Ängste zu nehmen. Deshalb hat der THV seinen Mitgliedsvereinen kostenlos COVID-19 Antigen Schnelltests zur Verfügung gestellt. Auch bei der Gestaltung der Meisterschaftsbewerbe haben wir auf die besondere Situation Rücksicht genommen und zur Minimierung der Infektionsgefahr für die Saison 2020/21 die Jugendklassen reduziert. Der Start der Meisterschaftsbewerbe wurde terminlich zurückverlegt. Wie und in welcher Form wir die Bewerbe 2020/21 zu Ende bringen werden, steht noch in den Sternen“. Ist durch die Corona-Pandemie der Fortbestand der Vereine gefährdet? Czermin: „ Den Tiroler Handballvereinen hoch anzurechnen ist, dass sie sich gegen die negativen Auswirkungen der Pandemie stemmen und alles unternehmen, um den Fortbestand der Vereine zu sichern. Hier ist aber auch die Politik gefordert, die sich bisher noch nicht zu niederschwelligen finanziellen Soforthilfen für die „kleinen Vereine“ aufraffen konnte. Um die ehrenamtlichen Funktionäre administrativ zu entlasten, könnte ich mir eine staatliche Einmalhilfe in Form eines Pauschalbetrags für jeden Verein, der nachweislich Jugendarbeit leistet, vorstellen. Ohne die treuen Sponsoren, die engagierten Eltern der JugendspielerInnen und den selbstlosen Einsatz der ehrenamtlichen Funktionäre wäre der Fortbestand mancher Vereine wohl ernsthaft gefährdet. Kannst du der schwierigen Situation im Jahr 2020 etwas Positives abgewinnen? Czermin: „ In jeder Krise liegt auch eine Chance. Faktum ist, dass die Tiroler Handballvereine enger zusammen- gerückt sind und versuchen, die Krise gemeinsam zu meistern. Aus der Not heraus wurden auch neue grenzübergreifende Bewerbe entwickelt: Auf der Suche nach zusätzlichen Wettkampfmöglichkeiten und sportlichen Zielen wurde die Idee umgesetzt, eine EUREGIO-Meisterschaft für Herrenmannschaften auszurichten und damit zu Saisonbeginn für neuen Schwung zu sorgen. Dieser Bewerb war für die stärksten Herrenmannschaften aus Tirol, Südtirol und dem Trentino und die Sportart selbst das Startsignal in eine neue Zukunft nach der schweren Zeit des „Lockdowns“ im Frühjahr 2020. Weil die Corona Pandemie in weiten Teilen eine geordnete Abwicklung des Meisterschaftsbetriebes verunmöglicht, haben sich der Tiroler und Vorarlberger Handballverband auf die Durchführung einer gemeinsamen Meisterschaft für Damen- und Herrenmannschaften in der Saison 2020/21 verständigt. Dies ist es ein erster Schritt und zugleich der Probegalopp für eine mehrgleisige zweite Bundesliga West, die wir seit Jahren fordern“. Wie soll es weitergehen? Czermin: „Ich hoffe sehr, dass es uns bald wieder möglich sein wird, ungehindert unserer liebsten Nebenbeschäftigung, dem Handballsport, nachzugehen. Sollte die Pandemie länger andauern, wird es erforderlich sein, einen Weg zu finden, der die ungehinderte Sportausübung unter Berücksichtigung der erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen ermöglicht. Dass wir aufeinander aufpassen und Rücksicht nehmen müssen, betrifft aber alle Bereiche unseres Gemeinwesens“.